Mit dem Jetzt anfreunden

«Bei ober­fläch­licher Betrach­tung scheint es, als sei der gegen­wärtige Augen­blick nur einer von vielen, vielen Augen­blicken. Jeder Tag des Lebens scheint aus Tau­senden von Augen­blicken zu be­stehen, in denen Ver­schie­denes geschieht. Doch ist nicht, wenn du tiefer blickst, immer nur ein ein­ziger Augen­blick da? Ist das Leben nicht immer nur dieser eine Augen­blick?

Dieser eine Augen­blick – das Jetzt – ist das Einzige, dem du nicht ent­rinnen kannst, die einzige Kon­stante im Leben. Was auch ge­schehen mag, wie sehr sich das Leben auch ver­ändert, eines ist gewiss: Es ist immer jetzt. Da es keine Mög­lich­keit gibt, dem Jetzt zu ent­rinnen, warum heißt du es dann nicht will­kommen und freun­dest dich mit ihm an?»
Eckhart Tolle

Materie? - Geist?

«Im Grunde gibt es Materie gar nicht.
Jedenfalls nicht im geläu­figen Sinne. Es gibt nur ein Bezie­hungs­gefüge, stän­digen Wan­del, Leben­dig­keit. Wir tun uns schwer, uns dies vor­zu­stellen. Primär exis­tiert nur Zu­sammen­hang, das Verbin­dende ohne mate­rielle Grund­lage. Wir könnten es auch Geist nennen. Etwas, was wir nur spon­tan er­leben und nicht greifen können.

Materie und Energie treten erst se­kundär in Er­schei­nung – gewisser­maßen als geron­nener, erstarr­ter Geist. Nach Albert Ein­stein ist Materie nur eine ver­dünnte Form der Ener­gie. Ihr Unter­grund je­doch ist nicht eine noch ver­feinerte Ener­gie, son­dern etwas ganz Anders­artiges, eben Leben­dig­keit. Wir können sie etwa mit der Soft­ware in einem Com­puter ver­gleichen.»
Hans-Peter Dürr

Blindtext

Weit hinter den Wortbergen

Weit hinten, hin­ter den Wort­bergen, fern der Länder Voka­lien und Kon­so­nan­tien leben die Blind­texte. Abge­schie­den wohnen Sie in Buch­stab­hausen an der Küste des Se­mantik, eines großen Sprach­ozeans. Ein klei­nes Bäch­lein namens Duden fließt durch ihren Ort und ver­sorgt sie mit den nöti­gen Rege­lialien. Es ist ein para­dies­ma­tisches Land, in dem einem gebra­tene Satz­teile in den Mund fliegen. Nicht einmal von der all­mäch­tigen Inter­punk­tion wer­den die Blind­texte be­herrscht - ein gera­dezu un­ortho­gra­phisches Leben. Eines Tages aber be­schloß eine kleine Zeile Blind­text, ihr Name war Lorem Ipsum, hinaus zu gehen in die weite Gram­matik. Der große Oxmox riet ihr davon ab, da es dort wim­mele von bösen Komma­ta, wilden Frage­zeichen und hin­ter­häl­tigen Semi­koli, doch das Blind­text­chen ließ sich nicht be­irren. Es packte seine sieben Ver­salien, schob sich sein Ini­tial in den Gür­tel und machte sich auf den Weg. Als es die ersten Hü­gel des Kursiv­gebir­ges er­klom­men hatte, warf es einen letzten Blick zurück auf die Sky­line seiner Heimat­stadt Buch­stab­hausen, die Head­line von Alpha­bet­dorf und die Sub­line seiner ei­genen Straße, der Zei­len­gasse. Weh­mütig lief ihm eine retho­rische Frage über die Wange, dann setzte es seinen Weg fort. Unter­wegs traf es eine Copy. Die Copy warnte das Blind­text­chen, da, wo sie her­käme wäre sie zig­mal um­geschrie­ben worden und alles, was von ihrem Ur­sprung noch übrig wäre, sei das Wort "und" und das Blind­text­chen solle um­kehren und wie­der in sein ei­genes, siche­res Land zurück­kehren. Doch alles Gut­zu­reden konnte es nicht über­zeu­gen und so dau­erte es nicht lange, bis ihm ein paar heim­tüc­kische Werbe­tex­ter auf­lauerten, es mit Longe und Parole be­trunken mach­ten und es dann in ihre Agen­tur schlepp­ten, wo sie es für ihre Pro­jekte wie­der und wieder miss­brauch­ten. Und wenn es nicht um­geschrie­ben wurde, dann benut­zen Sie es immer noch.

Die zwei Wölfe

«Ein alter Indianer saß mit seinem Enkel­sohn am Lager­feuer. Es war schon dunkel geworden und das Feuer knackte, während die Flammen in den Himmel züngelten. Der Alte sagte nach einer Weile des Schweigens: „Weißt du, wie ich mich manch­mal fühle? Es ist, als ob da zwei Wölfe in meinem Herzen mit­einan­der kämpfen würden. Einer der beiden ist rach­süchtig, aggres­siv und grausam. Der andere hin­gegen ist liebe­voll, sanft und mit­fühlend.“ „Welcher der beiden wird den Kampf um dein Herz ge­winnen?“ fragte der Junge. „Der Wolf, den ich füttere.“ ant­wortete der Alte.»
Unbekannt